Die Dokumentation der Antikensammlung Wallrafs in den „Kölner Alterthümern“

Charlotte Pletz

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Der einstige Kölner Stadtbaumeister Johann Peter Weyer (1794-1864) strebte die bildliche und schriftliche Dokumentation der Baudenkmäler und Kunstgegenstände seiner Vaterstadt an und ließ in den Jahren 1838 bis 1841 fast 400 aquarellierte Zeichnungen von Kirchen, Profanbauten und Kunstschätzen bei Thomas Crantz (1786-1853) und Adolph Wegelin (1810-1881) anfertigen. [1] Die so entstandenen Blätter wurden später in dem Sammelband der „Kölner Alterthümer“ erfasst. [2] Im Zuge dieses Projekts ließ Weyer auch 139 Objekte der archäologischen Sammlung des sogenannten Wallrafianums zeichnen und auf den Blättern 1-15 des XXX. Bandes der „Kölner Alterthümer“ zusammenfassen. Als Wallrafianum wurde der Teil der Sammlung Wallrafs bezeichnet, der ab dem Jahr 1827 im Kölner Hof in der Trankgasse aufbewahrt wurde. [3] Die Zeichnungen liefern einen Querschnitt des einstigen Bestands des Nachlasses und der Aufstellung der Werke in ihrer ersten musealen Präsentation. [4] Obwohl das Gebäude verwahrlost war, unterblieb trotz entsprechender Vorschläge Weyers seine Sanierung. Auch ein die notwendigen Ausstellungsflächen schaffender Anbau wurde nicht durchgesetzt. [5] Ein großer Teil der abgebildeten Objekte befindet sich heute nicht mehr im Besitz der Stadt und fiel insbesondere der Bombardierung des Museums während des Zweiten Weltkriegs zum Opfer. Sofern die hierdurch zerstörten Objekte zuvor nicht publiziert oder photographisch dokumentiert waren, stellen die Zeichnungen der „Kölner Alterthümer“ ihre einzige bildliche Überlieferung dar. [6] Bei einem kleinen Teil der gezeichneten Objekte handelt es sich um Kölner Neufunde, die aus der Zeit nach dem Tod Wallrafs stammen. [7]

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Die Bildtafeln 1, 2 und 3 sind Kleinantiken gewidmet. Mit Ausnahme einiger steinerner Urnen bilden sie römische Keramikgefäße und Lampen ab. Leider wurden die im ersten Nachlassverzeichnis aus dem Jahr 1827 aufgeführten Bronzen und Gläser nicht bildlich überliefert. [8] Die Tongefäße und Lampen, Gläser, Bronzen, Arbeiten aus Knochen, Gemmen und Kameen wurden in und auf den Glasschränken des „Glas-Cabinettes“ des Wallrafianums ausgestellt. Angaben zur Herkunft der Objekte sind nicht erhalten. [9] Ebenso führte Weyer keine Bildlegenden, Maßstäbe oder Beschreibungen der gezeichneten Objekte auf, weswegen ein Abgleich der gezeichneten Kunstwerke mit dem heutigen Bestand des Römisch-Germanischen Museums zu Schwierigkeiten führt. Wie ein erneuter Vergleich der von Matthias Riedel im Kommentarband der „Kölner Alterthümer“ genannten Objekte mit den Inventaren des Römisch-Germanischen Museums ergab, lassen sich heute dennoch einige der durch Weyer dokumentierten Kleinantiken im Bestand des Museums nachweisen. [10]

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Die 29,3cm x 21,2cm messende erste Bildtafel stellt fast ausschließlich feintonige, glattwandige Hochgefäße des 1. bis 4. Jahrhunderts nach Christus dar. [11] Dabei handelt es sich um Henkelkrüge unterschiedlicher Typen sowie um drei schlanke Balsamarien. Weiterhin sind zwei Becher und ein kleiner Napf dargestellt. [12] Leider gelang auf diesem Blatt keine Identifizierung der abgebildeten Objekte mit einem Werk des heutigen Bestandes des Römisch-Germanischen Museums. Dies ist auf die genannten Probleme und die starke Normierung der römischen Gefäßtypen zurückzuführen.

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Bildtafel 2 ist der Dokumentation römischer Tonlampen des 1. Jahrhunderts nach Christus gewidmet. Insbesondere Sonderformen der gängigen Typen wie Firmalampen oder Vogelkopflampen wurden durch Crantz und Wegelin wiedergegeben. In der obersten Bildreihe wurde rechts eine unbeschädigte Lampe in Frontal- und Seitenansicht gezeichnet. Sie ist mit großer Wahrscheinlichkeit identisch mit der unter Inventarnummer „Ton 251“ geführten Lampe. Bei dieser 13 cm messenden Lampe handelt es sich um eine Mischform aus einer Firma- und einer Bildlampe. Auch durch die Tatsache, dass sie zwei Schnauzen aufweist, und den Griffaufsatz in Form eines länglichen Blattes weicht die Lampe von gängigen Prototypen ab. Außerdem konnte die in der oberen Bildmitte dargestellte 12-Brenner-Lampe identifiziert werden. Sie trägt heute die Inventarnummer „Ton 253“ des Römisch-Germanischen Museums und wird in der Studiensammlung aufbewahrt. [13] Die am rechten Bildrand als zweite von unten wiedergegebene Lampe ist heute ebenfalls im Bestand des Museums auszumachen und unter der Inventarnummer „Ton 256“ verzeichnet. Obwohl auch die weiteren abgebildeten Lampen teilweise ausgefallene Formen aufweisen, gelingt aufgrund der stark schematischen Zeichnung keine weitere sichere Zuordnung. Zudem muss bedacht werden, dass sich nicht alle gezeichneten Lampen heute im Bestand des Museums befinden müssen. Sie können sich in anderen Sammlungen befinden oder im Krieg zerstört worden sein. [14]

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Bildtafel 3 stellt überwiegend römische Keramikgefäße des 1. bis 4. Jahrhunderts nach Christus dar. Der in der Mitte der oberen Bildreihe abgebildete Dellenbecher befindet sich noch heute unter der Inventarnummer „Ton 134“ im Bestand des Römisch-Germanischen Museums. Seine Form und die in der Zeichnung wiedergegebene Bruchstelle am Rand haben zu seiner Identifizierung geführt. Ebenso befindet sich der mit Barbotine-Dekor verzierte Terra-Nigra Becher noch heute unter der Inventarnummer „Ton 139“ im Toninventar des Museums. Der feintonige Becher ruht auf einem für die Spätantike typischen Zapfenfuß. [15] Auch der zweihenklige Firnisnapf im rechten unteren Bildviertel dürfte mit dem unter der Inventarnummer „Ton 153“ verzeichneten Gefäß des heutigen Bestandes identisch sein. Die im unteren Abbildungsviertel wiedergegebene Gesichtsurne befindet sich unter der Inventarnummer „Ton 524“ ebenfalls noch heute im Museumsbestand.

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Die Marmi Giorgini fanden überwiegend im hinteren Antikensaal Aufstellung. Weyer gab ihrer Wiedergabe breiten Raum. Die vierte Bildtafel stellt mehrere Steindenkmäler der Wallrafschen Sammlung dar, die vor dem Kamin ausgestellt wurden. Säulenstücke und andere Steindenkmäler lokaler Herkunft dienten den Büsten als Sockel und setzten die Exponate effektvoll in Szene. [16] Den Mittelpunkt der Darstellung bildet seiner damaligen hohen Anerkennung entsprechend das kolossale Medusenhaupt aus Rom. [17] Es wird zu beiden Seiten durch zwei Kölner Matronenaltäre guten Erhaltungszustandes gesäumt, die im Jahr 1829 – also erst nach dem Tod Wallrafs – am Turm der römischen Stadtmauer am Appellhofplatz gefunden wurden. [18] Den Matronenaltären und weiteren Säulenfragmenten stehen Imperatorenbüsten des Vitellius und des Vespasian auf, die Wallraf bei Giorgini erwarb. Wie auch bei den auf der Bildtafel dargestellten Büsten des Germanicus und der eines Römers handelt es sich bei ihnen um neuzeitliche Kopien, die während des Zweiten Weltkrieges zerstört wurden. [19]

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Wie die Bildtafeln 8, 9, 10 und 11 erkennen lassen, wurden die „vaterländischen Alterthümer“ des ersten Antikensaales mehr oder minder wahllos aufgestellt. Sie wurden dicht neben- oder übereinander gestapelt oder auf dem Boden abgelegt. Ein nicht unerheblicher Teil der Sammlung war aus Platzmangel im Innenhof unter freiem Himmel der Witterung ausgesetzt. [20] Eine systematische Ordnung nach inhaltlichen oder typologischen Gesichtspunkten fand nicht statt, was bei archäologischen Sammlungen dieser Zeit generell noch nicht üblich war.

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Johann Peter Weyer hat in einer Zeit, in der sich die Altertumswissenschaften entwickelten, offenbar die Bedeutung von sachlichen und detailgetreuen Abbildungen erkannt. Ohne die durch Weyer zusammengetragenen Zeichnungen wären viele Objekte der Wallrafschen Sammlung heute nicht mehr zu rekonstruieren.

 

Anmerkungen

[1] Ulrich Bock: Johann Peter Weyers Sammlung aquarellierter Zeichnungen, in: Johann Peter Weyer: Kölner Alterthümer, hrsg. von Werner Schäfke unter Mitarbeit von Ulrich Bock, Köln 1994, 7-11, hier: 7.

[2] Bock: Sammlung (wie Anm. 1), 7.

[3] Peter Noelke: Die Archäologischen Sammlungen des Wallrafianums (Tafel 1-15), in: Johann Peter Weyer: Kölner Alterthümer, Kommentarband, hrsg. von Werner Schäfke unter Mitarbeit von Ulrich Bock, Köln 1994, 293-308, hier: 295.

[4] Ulrich Bock: Zeichnungen von alterthümlichen Gegenständen in Cöln, in: Johann Peter Weyer: Kölner Alterthümer, Kommentarband, hrsg. von Werner Schäfke unter Mitarbeit von Ulrich Bock, Köln 1994, 291.

[5] Peter Noelke: Im Banne der Medusa – Die Antikensammlung Ferdinand Franz Wallrafs und ihre Rezeption, in: Kölner Jahrbuch 26 (1993), 133-216, hier: 141.

[6] Noelke: Archäologische Sammlungen (wie Anm. 3), 293.

[7] Noelke: Archäologische Sammlungen (wie Anm. 3), 293.

[8] Noelke: Archäologische Sammlungen (wie Anm. 3), 294.

[9] Matthias Riedel: Römische Keramiken (Tafel 1-3), in: Johann Peter Weyer: Kölner Alterthümer, Kommentarband, hrsg. von Werner Schäfke unter Mitarbeit von Ulrich Bock, Köln 1994, 291-293, hier: 291.

[10] Riedel: Römische Keramiken (wie Anm. 9), 291-293.

[11] Riedel: Römische Keramiken (wie Anm. 9), 291.

[12] Riedel: Römische Keramiken (wie Anm. 9), 291.

[13] Riedel: Römische Keramiken (wie Anm. 9), 292.

[14] Riedel: Römische Keramiken (wie Anm. 9), 292.

[15] Riedel: Römische Keramiken (wie Anm. 9), 292.

[16] Noelke: Medusa (wie Anm. 5), 143.

[17] Noelke: Archäologische Sammlungen (wie Anm. 3), 295.

[18] Noelke: Archäologische Sammlungen (wie Anm. 3), 302.

[19] Noelke: Archäologische Sammlungen (wie Anm. 3), 294.

[20] Noelke: Medusa (wie Anm. 5), 143.

Empfohlene Zitierweise
Charlotte Pletz, Die Dokumentation der Antikensammlung Wallrafs in den „Kölner Alterthümern“, aus: Gudrun Gersmann, Stefan Grohé (Hg.), Ferdinand Franz Wallraf (1748-1824) — Eine Spurensuche in Köln (DOI: https://dx.doi.org/10.18716/map/00001), in: mapublishing, 2017, Seitentitel: Dokumentation in den "Kölner Alterthümern" (Datum des letzten Besuchs).