Beutezüge der Franzosen in Deutschland
Michelle Welsing
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Schon seit der Antike gibt es als Folgeerscheinung von Krieg das Phänomen des Kunstraubes. Napoleon hat sich den Kunstraub betreffend an den alten Römern orientiert, von dem auch Deutschland nicht verschont geblieben ist. Die Franzosen waren davon überzeugt, dass es ihre Aufgabe sei, Kunst und Wissenschaft in Paris zu vereinen, sie zu fördern und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
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Das erste Mal infolge der Französischen Revolution wurde Deutschland in den Jahren 1794/95 vom Kunstraub getroffen. Frankreichs ‚Commission temporaire des arts‘ schickte vier Kommissare, welche Experten für Kunst und Naturwissenschaften waren, in die linksrheinischen Gebiete. Sie waren relativ ungebunden und konnten frei entscheiden, welche Kulturgüter sie nach Paris schicken wollten. Sie hatten unterdessen auch die Aufgabe Land und Leute zu beobachten und besser kennenzulernen. Sie sollten Berichte schreiben, technologische und handwerkliche Geräte sammeln und Pflanzen untersuchen. So wurden Geräte zum Nachbauen und Saatgut zum Anpflanzen nach Paris geschickt, um die Wirtschaft anzukurbeln.
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Ab September hielten sich die Kommissare in Aachen auf, wo der spektakulärste Raub stattfand: Im Aachener Münster wurden die Säulen, welche Karl der Große aus Rom und Ravenna mitgebracht hatte, und die im Oktogon standen, herausgerissen und nach Paris transportiert.
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Die Franzosen begründeten den Kunstraub damit, dass man die Werke von Fürsten und Klerus konfiszieren müsse, da ihre Sammlungen privat und nicht jedermann zugänglich gewesen seien. Einrichtungen, die öffentlich waren, sollten verschont bleiben. Allerdings wurde das nicht immer eingehalten, wie sich zum Beispiel an der sehr begehrten Sammlung des Jesuitenkollegs in Köln zeigt. Teilweise konfiszierten die Kommissare wahllos Gegenstände und handelten oft eher im eigenen Interesse, welches im Gegensatz zu ihrer ursprünglichen Begründung stand, dass Kunst nicht privat gesammelt werden solle.
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Als nächster Kommissar wurde Antoine Keil (geb. 1769) nach Deutschland geschickt. Er war selbst Deutscher, hatte sich aber der Französischen Revolution angeschlossen. In seiner Heimat wurde er im Winter 1796 folglich nicht freundschaftlich empfangen, da er dort als „ein Feind der Regierung, ein Feind seiner Mitbürger; ein Menschenfeind; ein niederträchtiger Denunziant “
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Nach dieser Aktion wurden die deutschen Gebiete bis 1800 zunächst verschont. Erst im Juli des Jahres erreichte der nächste Kommissar Deutschland, Francoise-Marie Neveu. Er bewegte sich hauptsächlich in München, Salzburg und Nürnberg. Für die Pariser Museen war die kurfürstliche Sammlung von München besonders interessant, da sie dafür bekannt war „eine der größten und angenehmsten“, zu sein, „die es in Europa gibt.“
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Nach Neveus Mission wurden die deutschen Territorien noch zwei Mal von französischen Gesandten geplündert: Zuerst zwischen 1803 und 1804 von dem als „erbärmlicher Geschäftemacher und Strauchdieb“
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Trotz aller Negativität, die der Kunstraub mit sich brachte, wie zum Beispiel dem Verlust eines Teiles des Kulturerbes und der Tatsache, dass einiges nie wieder nach Deutschland zurück gebracht wurde, gab es doch auch einen positiven Aspekt. Nachdem Denon zurückgekehrt war und die deutschen Werke 1807 in Paris eintrafen, wurden sie in einer Ausstellung im Louvre präsentiert. Viele von ihnen waren in Vergessenheit geraten, wie zum Beispiel die altdeutschen Meister. Dadurch, dass Sammelbände und Ausstellungskataloge publiziert wurden, verhalfen sie der deutschen Kunst zu neuer Popularität. Menschen aus ganz Europa pilgerten nach Paris, um die Kunstschätze des Louvre zu bestaunen: „Mit der Pariser Ausstellung von 1807 wurden die alten Meister zu einem Nachahmungs- und Studiengegenstand und öffneten den Horizont einer möglichen Wiedergeburt der zeitgenössischen Kunst.“
Anmerkungen
Empfohlene Zitierweise
Michelle Welsing, Beutezüge der Franzosen in Deutschland, aus: Gudrun Gersmann, Stefan Grohé (Hg.), Ferdinand Franz Wallraf (1748-1824) — Eine Spurensuche in Köln (DOI: https://dx.doi.org/10.18716/map/00001), in: mapublishing, 2017, Seitentitel: Beutezüge der Franzosen in Deutschland (Datum des letzten Besuchs).