Kunstpolitik Napoleons – Bezüge zur Antike
Miriam Cockx
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Die Konfiszierungen von Kunst und jeglichem Gut, das dem Aufstieg der französischen Nation dienen konnte, hatten bereits 1794 in den besetzten Ländern begonnen und wurden von Napoleon fortgeführt.
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Napoleon verstand es, die Macht der Bilder für seine Herrschaftslegitimation zu nutzen. Wichtige Ereignisse seiner Regentschaft wurden von den Künstlern seiner Zeit festgehalten. Sein Konterfei zierte eine „Fülle von Flugblättern und Medaillen, von Alltagsgegenständen und kunstgewerbliche Objekten“, die vor allem das bürgerliche Publikum ansprechen sollte.
Die Siegessäule "Colonne Vendôme" in Paris
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Die Vergleiche gipfelten in der Einweihung der Colonne Vendôme anlässlich des Geburtstags Napoleons am 15. August 1810. Die Säule war 1805 nach dem siegreichen Feldzug Napoleons gegen Österreich und Russland in Auftrag gegeben worden und zeigt viele Parallelen zum antiken Vorbild der Trajanssäule. Wie Kaiser Trajan, der seinen Sieg über die Daker auf einer rundum mit Reliefs geschmückten Säule verewigt und diese durch seine Statue gekrönt hatte, griff nun auch Napoleon auf diese Darstellungsweise zurück. Das spiralförmige bronzene Reliefband zeigt 76 Episoden des Feldzugs und war auf Lesbarkeit konzipiert. Unter anderem ist eine Adlocutio zu sehen, die Ansprache eines Herrschers an seine Soldaten, ein Motiv, das sich auch auf der Trajanssäule findet und das die tiefe Verbundenheit zwischen Kaiser und Militär symbolisiert.
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Die Säule greift jedoch noch einen weiteren Aspekt auf: Von Dominique-Vivant Denon als „Colonne Germanique“ bezeichnet, war sie auch als „Monumentum Belli Germanici“ gedacht, das den Triumph Frankreichs über Deutschland feiern sollte. Somit wurde ein weiterer Bezug zu der imperial-antiken Ikonographie der Trajanssäule geschaffen.
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Dieser Rückgriff auf die Antike sollte der Wiederbelebung des antiken Imperiums dienen. Durch Bildprogramme, die die Topoi von Milde und Gerechtigkeit des siegreichen Kaisers gegenüber den Unterlegenen aufgriffen, oder durch die Inszenierung von Triumphzügen sollte die ideelle Achse Paris–Rom legitimiert werden. Paris wurde in der Folgezeit auch in seiner Topographie auf Rom ausgerichtet. Ein Beispiel hierfür ist die Place de la Bastille, auf der ein riesiger Gips-Elefant aufgestellt wurde. Dieses kaiserliche Symbol war ein direkter Bezug auf Berninis Elefanten-Skulptur auf der Piazza della Minerva in Rom. Die Eigenschaften dieses Tieres, welches einen starken Geist und höchste Weisheit verkörperte, wurden als Tugenden interpretiert. Ein weiterer Aspekt, der Paris zu dem „neuen Rom“ gestalten sollte, war der Plan, Meisterwerke aus der Geschichte der Kunst im Musée Napoléon zu vereinen. Diese Trophäensammlung wurde zu bestimmten Anlässen präsentiert. Anlässlich Napoleons Hochzeit mit Erzherzogin Marie-Louise von Österreich, schritt das Paar durch eine „museale via triumphalis“ der Grande Galerie des Louvre.
Gips-Elefant auf der Place de la Bastille
Berninis Elefanten-Skulptur in Rom
Napoleon empfängt die Armeedelegierten
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Die Idee von Paris als Mittelpunkt der kulturellen Welt war bereits kurze Zeit nach der Revolution in politischen Kreisen entstanden. Die Stadt war zur neuen „Metropole des Wissens“ bestimmt:
„Paris soll die Hauptstadt der Künste werden, die Heimstätte allen menschlichen Wissens, der Hort aller Schätze des Geistes. […] Es muss die Schule des Universums, die Metropole der menschlichen Wissenschaft werden und den Rest der Welt mit der unwiderstehlichen Anziehungskraft der Bildung und des Wissens beherrschen.“
Das Streben das kulturelle Zentrum Europas zu werden, kam durch die Aneignungspolitik Frankreichs seit 1794 und den dadurch erzwungenen Kulturtransfer zum Ausdruck.
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Zentraler Bestandteil dieses Strebens nach kultureller Vormachtstellung wurde der Besitz von Antiken. Napoleons Instrumentalisierung der Antike zeigt sich in einem zeitgenössischen Stich, der den Abend des Tages der Kaiserkrönung thematisiert: Napoleon empfängt die Armeedelegierten nach seiner Krönung in den Skulpturensälen des Louvre. Nicht nur die Identifikation Napoleons mit den antiken Helden kam damit zum Ausdruck, auch sollte die Wirkung antiker Tugenden auf seine Delegierten als Exemplum dienen.
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Angelehnt an römische Triumphzüge wurde die Ankunft von Beutekunst aus Italien bereits 1797 als großes Fest inszeniert. So schlug einer der Kommissare Napoleon vor, die Kunstwerke in einem großen Zug von 50 Wagen in die Stadt Paris einziehen zu lassen. Durch die großformatige Beschriftung der Kisten, die die wichtigsten Werke beinhalteten, konnte den Franzosen der Erfolg und die Größe ihrer Nation vor Augen geführt werden.
Anmerkungen
Empfohlene Zitierweise
Miriam Cockx, Kunstpolitik Napoleons - Bezüge zur Antike, aus: Gudrun Gersmann, Stefan Grohé (Hg.), Ferdinand Franz Wallraf (1748-1824) — Eine Spurensuche in Köln (DOI: https://dx.doi.org/10.18716/map/00001), in: mapublishing, 2017, Seitentitel: Kunstpolitik Napoleons – Bezüge zur Antike (Datum des letzten Besuchs).